Wissenschaft verstehen

Wissenschaft produziert keine Wahrheiten, sondern Modelle, die (mehr oder weniger gut) Beobachtungen erklären und Vorhersagen machen können. Sogar Wissenschaftler scheinen manchmal zu vergessen, dass ihre Arbeit dabei letztlich erkenntnistheoretische und philosophische Annahmen voraussetzt. Wenn die Medien wieder einmal begeistert davon berichten, dass Forscher "kurz davor stehen, einen großen Durchbruch zu erzielen", wird Wissenschaft endgültig verklärt. Stand 1905 in den Zeitungen, dass Einstein "kurz davor steht" das Weltbild zu revolutionieren? Wohl kaum! Sogar Jahrzehnte danach wurde noch versucht, seine Theorien lächerlich zu machen. Die Fähigkeiten, Zuverlässigkeit und Effizienz der "Wissenschaftsmaschine" werden gerne überschätzt (S. 69).

Das steht im Widerspruch zu ...

Telepathie kann es nicht geben, sie steht im Widerspruch zu den Funktionen des Gehirns,
das Informationen nur über die Sinnesorgane aufnimmt.

Ja, das sieht nach einem Widerspruch aus. Großartig! Wissenschaft lebt von Widersprüchen. Manche (Pseudo-)Wissenschaftler neigen dazu, Beobachtungen, die ihren eigenen Theorien widersprechen, zu ignorieren oder als falsch abzutun. Wenn aber die Theorie vorgeben soll, welche Beobachtungen zulässig oder korrekt wären, dann wird sie zum Dogma und der Wissenschaftler zum Prediger. Schon eine einzige zuverlässige Beobachtung, in der Menschen nicht über die bekannten Sinnesorgane an Informationen gelangt sind, ist Grund genug, außersinnliche Wahrnehmung ernsthaft wissenschaftlich zu untersuchen.

Wo es keine Widersprüche mehr gibt, da endet die Forschung. Das Verbot von Widersprüchen ist die hässliche Seite vieler Religionen. Gesellschaften, in denen Widerspruch verboten ist, nennt man totalitär.

Die Widersprüche zwischen Quantenphysik und Relativitätstheorie inspirieren
Wissenschaftler seit vielen Jahrzehnten zu Höchstleistungen. Es lebe der Widerspruch!

Was man nicht messen kann, das gibt es nicht...

Die Messungen konnten keine morphogenetischen Felder feststellen,
also existieren sie nicht.

Messgeräte spiegeln im Wesentlichen das bekannte Weltbild wider. Radioaktivität wurde nicht entdeckt, weil plötzlich ein Geigerzähler zu ticken begann, Elektrizität nicht, weil der Spannungsmesser ausschlug (S. 104). Viele Messgeräte wurden erst in Folge naturwissenschaftlicher Hypothesen und Beobachtungen entwickelt. Wenn sich sogenannte "morphogenetische Felder" nicht messen lassen, ist das keineswegs Beweis, dass sie nicht existieren, sondern höchstens, dass es sich zumindest nicht um elektromagnetische Felder in der heute bekannten Form handeln kann.

Mit dieser Haltung hätte man Elektrizität auch erst entdeckt,
wenn der Spannungsprüfer an der Steckdose leuchtet.

 

Alle seriösen Studien haben gezeigt...

Alle seriösen Studien haben gezeigt,
dass es keine paranormalen Phänomene gibt.

Gerade erst habe ich wieder einen solchen Satz in einer Talkshow gehört, in dem damit alles, was es in der Esoterik-Szene so gibt, als Humbug wegerklärt werden sollte. Leider gab es keine passende Entgegnung der Gesprächspartner, dabei bietet dieser Satz gleich zwei Angriffspunkte:
1. Wer entscheidet, was eine "seriöse Studie" ist? Wer von "seriösen" Studien spricht, meint damit vielleicht einfach nur diejenigen Studien, die seine eigene Position bestätigen. Abweichende Studien sind dann automatisch "unseriös". Ein angemesserenes Kriterium für eine Studie wäre es doch, ob sie in einer wissenschaftlichen, peer-reviewten Fachzeitschrift publiziert werden konnte. Hier gibt es zahlreiche Studien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Existenz bisher unerklärter Phänomene nahelegen (s. Dean Radins Liste).
2. Der zweite Kritikpunkt: Wenn eine Studien ein vermutetes Phänomen nicht bestätigen kann, ist das keineswegs ein Beweis für die Abwesenheit des Phänomens. Siehe dazu "Das kann es gar nicht geben".

Mich interessiert Wissenschaftlichkeit mehr als Seriösität,
einen wissenschaftlichen "PSI-Abwesenheitsbeweis" gibt es bislang jedenfalls nicht.

 

 

>> Kurz-Schlüsse vermeiden